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Ich, Maija
Die Primaballerina des Bolschoi-Theaters erzählt aus ihrem Leben
 

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   Gehe zu: Volks, Gesellschafts und Hoftänze bis zum Beginn unseres Jahrhunderts

Der Begriff Bühnentanz" macht bereits deutlich, dass es sich um Schautanz handelt: Die einen tanzen und die anderen sehen den Tanzenden zu, oder die Tanzenden tanzen für die Zuschauer. Das will nicht heißen, dass der Tanz unbedingt mit einer Theaterbühne in Zusammenhang stehen müsse. Es ist legal, auch den „Konzerttanz" oder den „Kammertanz" als Bühnentanz zu bezeichnen. Welcher Tanzstil dabei gewählt wird, ist unwesentlich.

Entfacht durch die irisch amerikanische Tänzerin Isadora Duncan entbrannte vor Beginn des Ersten Weltkrieges ein Streit zwischen den Anhängern des überlieferten klassischen Tanzes und den Befürwortern eines angeblich freien und natürlichen Tanzes. Ganz aus den Köpfen ist der Gegensatz geregelter Tanz gegen ungeregelten nicht verbannt. Auch heute werden die Anhänger eines freien Tanzes, ja sogar jene des längst bewährten Modern Dance, von vielen Nur Klassikern nicht ganz ernst genommen. Die „Modernisten" aber sehen mit wenig Begeisterung auf den angeblich veralteten klassischen Tanz.

 

Eine Bevorzugung des einen vor dem anderen ist kaum möglich. Es ist verständlich, dass die Klassiker den regellosen, spontan und fast ekstatisch ausgeführten Ausdruckstanz ablehnen. Dem Modern Dance, der ja ebenfalls gewissen Regeln untersteht, kann dennoch seine Bedeutung schwerlich abgesprochen werden. Die Modernisten aber müssen sich darüber klar sein, dass dem klassischen Tanz, zumindest in der Ausbildung, eine absolute und unbestreitbare Vormachtstellung zukommt. Der klassische Tanz ist und bleibt die „Muttersprache" des Bühnentanzes! Kein professionelles Ballettensemble verpflichtet Tänzer, die nicht im klassischen Tanz bühnenreif geschult sind. Sogar fast alle ausschließlich dem Modern Dance verschriebenen Ensembles führen täglich ein klassisches Training durch. Der klassische Tanz ist daher nach wie vor das A und das O jeder professionellen Tänzerausbildung, und darum wird ihm auch hier eine bevorzugte Stellung eingeräumt. Die Wirklichkeit zeigt, dass die den klassischen Tanz strikt ablehnenden Tänzer sehr oft solche sind, die an ihm gescheitert sind.

„Natürlich ist es einfacher, wenn man barfuss tanzt. Tatsächlich verdächtige ich immer ein klein wenig die Bahrfußtänzer, die behaupten, sie wollen nicht die klassische Methode verwenden - es mag sein, dass sie es einfach nicht können". (Kenneth MacMillan in „Die Welt des Tanzes in Selbstzeugnissen".)

Sehr überzeugend klingt, was Rudolf Nurejew (1938-1993), der ja aus der superklassischen Kirow-Schule hervorgegangen war, in Anerkennung beider Stilrichtungen zu sagen hat:                                                                                             „Es gibt einen ständigen Fluss, einen Austausch zwischen Klassik und Moderne, gerade heute. Diese beiden Tanzrichtungen sind sich sehr viel näher gekommen, bleiben jedoch auch separat bestehen, überleben nebeneinander. Schließlich leben wir heute in einem Zeitalter der Toleranz - mindestens was den Tanz betrifft. Da ist dieser wechselseitige Zusammenhang zwischen Klassik und Moderne. Für mich ist die Kenntnis von der Bewegungstechnik des Modern Dance unabdingbar für ein intensives Begreifen der klassischen Tradition, und natürlich ist es umgekehrt ebenso. Aber klassisches Ballett ist nach wie vor die Basis für mich, eine Form, die ich nie aufgeben werde, da ich in ihm völlig aufgehen, mich hingeben kann. In ihm wird die völlige Harmonie von Körper und Seele erreicht. Dennoch muss man sich mit dem modernen Tanz beschäftigen, mit seinen Ursprüngen und Anfängen, der mir dank meiner Arbeit bei Martha Graham sozusagen zur zweiten Natur geworden ist."                                                                                                            (Aus dem Programmheft zu Nurejews „Manfred" Ballett, Opernhaus Zürich, Winter 1981/82.)

Neoklassischer Tanz                                                                                                                                          In den dreißiger Jahren unseres Jahrhunderts haben zwei der bedeutendsten Choreographen, George Balanchine (1904-1983) und Serge Lifar (geb. 1905), das Vokabularium des klassischen Tanzes durch zusätzliche Stellungen und Bewegungen, eckige und winklige, erweitert. Sie haben, anders ausgedrückt, den klassisch akademischen Tanz bewusst gesprengt. Der neoklassische Tanz wird von Serge Lifar in seinem Buch „Traité de la Danse académique" (Jahrbuch des klassischen Tanzes) begründet und erklärt: der klassische Tanz müsse gewisse Neuerungen, so etwa seine Ports de bras und seine Beinstellungen, absorbieren. Er fährt fort, dass ein Plié in den fünf klassischen Positionen hässlich, ja geradezu unästhetisch sei. Aus dieser Feststellung ist Lifars Reform entstanden - die Anwendung einer sechsten und siebenten Beinposition, die ein Plié ohne Öffnen der Knie erlauben. Die sechste Position stellt beide Füße parallel nebeneinander. Die Tänzerin kann sich so leicht auf die Spitzen erheben und Pliés ausführen. Beim Ausstrecken (allonger) eines Beines zur Arabesque könne das Knie des Standbeins leicht ins Plié gebracht werden. Das gibt der Arabesque eine orientalische Wirkung mit kambodschanischer Charakteristik.

Die siebente Position bringt die Füße ebenfalls in Parallelstellung, jedoch um eineinhalb Fußlängen versetzt. Bei einem Relevé (sich auf die Spitze erheben) strahlt diese Stellung einen Hauch von Manieriertheit und Eckigkeit aus, die an Silhouetten auf altem Pergament erinnert.                                                                                                                  Die sechste und siebente Position sind Kontrastpositionen, die, nach Lifar, eine Stellung zwischen Apollonischem und Dionysischem oder „zwischen Himmel und Erde" ergeben.                                                                                          Der neoklassische Tanz, nicht nur bei Lifar sondern auch bei Balanchine, bricht die Linie. Er erweitert folglich, ohne die Gesetze des klassischen Tanzes zu sprengen, dessen Bewegungsmöglichkeiten.

Charaktertanz                                                                                                                                                     In den Balletten des 19. Jahrhunderts finden sich neben den im klassischen Stil getanzten Teilen und den pantomimischen, die Handlung erklärenden und vorantreibenden Passagen oft Charaktertänze. Sie sind nichts anderes als stilisierte Volks- oder Nationaltänze verschiedener Herkunft. Im allgemeinen wird das 19. Jahrhundert als dasjenige bezeichnet, in dem der Charaktertanz - etwa durch Fanny Elßler mit ihrer „Cracovienne" oder der „Cachucha" - auf der Ballettbühne eingeführt worden sei. Jedoch wurden schon im frühen 17. Jahrhundert, also in einer Zeit des Hofballetts, mit Volkstänzen durchsetzte Werke gezeigt. König Ludwig XIII. ließ im Jahre 1631 das Ballett „Les Montagnards" (Die Bergler) aufführen, welches fast ausschließlich aus folkloristischen Tänzen der Savoyer Berge entstanden war. Auch im 18. Jahrhundert begegnet man sehr häufig Balletten, die ganz auf der tänzerischen Folklore und einer volkstümlich ländlichen Handlung beruhen:                „Das Ballet bestund in einer reichen Zusammensetzung von allerlei Landlust. Einige Fischer kamen auf Nachen angefahren, fischten und angelten im vorbei rauschenden Flusse. Vom Gebirge herab kamen Tyroler Mädchen mit Murmeltieren und Raritäten-Kasten. Einige Bauern ergötzten sich, und tanzten mit ihnen ihre Landtänze. Ein paar Pilgrime kamen dazu, und genossen der Lust mit: und endlich lief alles auf eine anmutige Bauern-Hochzeit hinaus". (Aus J. von Stählin, „Theatral-Tanzkunst in Rußland", St. Petersburg 1769).                                                                                      Tatsache ist, dass erst unter dem Einfluss der „Spanierin aus dem Norden", der Wienerin Fanny Elßler, der stilisierte Volkstanz richtig in Mode kam. Ihre „Cachucha" schlug beim Publikum mächtig ein, und die Elßler entfachte eine weltweite Begeisterung für die verschiedenen nationalen Charaktertänze.

Besonders häufig setzte Marius Petipa, der französische Schöpfer des klassizistisch russischen Balletts, Charaktertänze in seinen Balletten ein. Was dabei entstand, war allerdings eher pseudo-spanische als wirklich spanische Folklore. Berühmt ist der dritte Schwanensee Akt, in dem die Anwärterinnen auf die Hand des Prinzen nacheinander ihre nationalen Tänze aus Italien, Spanien, Polen, Ungarn, Russland oder Deutschland vortragen. Große Bedeutung erhielten die Charaktertänze als Einlagen in Opern und Operetten: Schon Mozart hat für „Figaros Hochzeit" einen Fandango geschrieben, die Opern eines Smetana oder Dvorák sind ohne böhmische Volkstänze, Furianten und Polkas kaum denkbar.                                                                                                                                                  Charaktertanz ist an den meisten größeren Ballettberufsschulen obligatorisches Schulfach. Denn es ist unerlässlich für junge Tänzer, eine Polka, eine Mazurka oder einen Czardas richtig tanzen zu können. Es gibt sogar ein mit Charaktertraining bezeichnetes Spezialtraining, in dem hauptsächlich in Osteuropa und hier wiederum beim sowjetrussischen Ballett der Volkstanz eine große Rolle spielt.

Ausdruckstanz                                                                                                                                          Zweifellos hat Isadora Duncan dem Ausdruckstanz entscheidende Impulse gegeben. Es darf jedoch nicht übersehen werden, dass bereits durch den Franzosen Francois Delsarte die Entwicklung in Gang gesetzt worden war. Die Ideen und Darbietungen der Duncan waren eine direkte Kampfansage an den angeblich unnatürlichen klassischen Tanz. Sie erklärte, „auf Geheiß ihrer Seele zu tanzen" und verwarf folglich jede Regelung der Bewegung. So ist denn der Tanz der Duncan weitgehend ein Spontantanz gewesen. Aus dem Duncanismus entwickelte sich die Stilrichtung des absolut regellosen Ausdruckstanzes. Er hat sowohl den modernen Tanz der Stilrichtung von Mary Wigman und Kurt Jooss als auch den amerikanischen Modern Dance beeinflusst. Wie Helmut Schmidt Garre in seinem Buch „Vom Sonnenkönig zu Balanchine" überzeugend zu erzählen weiß, muss in den Jahren zwischen den beiden Weltkriegen der deutsche Ausdruckstanz, in den angelsächsischen Ländern „German Dance" genannt, fast epidemische Ausmaße angenommen haben. Unzählige junge und wohl auch etwas ältere Damen versuchten „die Zuckungen ihrer Seele ihren Zuschauern vor Augen zu führen". Der Ausdruckstanz war auf dem besten Wege zu einer lächerlich dilettantischen Angelegenheit zu werden. Seine Rettung ging jedoch von ernstzunehmenden Choreographen und Tänzern, vor allem von Rudolf von Laban und Mary Wigman, aus. Auch deren wichtigste Schüler - Georgi, Palucca, Wallmann und Kreutzberg boten im Gegensatz zu vielen dilettierenden, fast fanatischen Anhängern ernsthafte Kunst, die über Hanya Holm den amerikanischen Modern Dance ganz wesentlich zu beeinflussen verstand. Nicht zu unterschätzen sind auch die Beiträge des Begründers der „Rythmique", Emile Jaques Dalcroze.

Moderner Tanz - Modern Dance                                                                                                               Das wesentlichste Merkmal des Tanzes moderner Stilrichtung ist sein Verzicht auf das „En dehors" des klassischen Tanzes, d. h. er ist introvertiert.                                                                                                                                  Es sei nochmals in Erinnerung gerufen, dass unter „ballet" im englisch amerikanischen Sprachgebrauch der klassische Tanz verstanden wird, der Begriff also nicht nur für das Bühnenkunstwerk Ballett steht. Es dürfte sehr schwierig sein, heute einen rein deutschen modernen Tanz und einen eindeutigen Modern Dance amerikanischer Prägung zu finden. Die gegenseitige Beeinflussung ist groß, und fast alles, was heute unter den Begriff „moderner Tanz" fällt, ist vom amerikanischen Modern Dance beeinflusst. An der Basis dieser Beeinflussung stehen Mary Wigman und ihre nach den Vereinigten Staaten ausgewanderte ehemalige Schülerin Hanya Holm (1898-1992). Die Pioniere des amerikanischen Modern Dance aber sind in erster Linie Ruth St. Denis, Ted Shawn, Doris Humphrey und Martha Graham.

Im Modern Dance gibt es kaum eine einheitliche Technik, jedoch unterscheiden sich die verschiedenen Techniken nur wenig voneinander. Doris Humphrey formulierte ihr Gesetz von „Fall" und „Recovery" (Niederfallen und sich Aufrichten), während Martha Graham ihrerseits das System von „Contraction" und „Release" (Zusammenziehen und Entspannen) entwickelte. Beide Prinzipien beruhen auf einer Kontrolle des Atmens. Fast jeder bedeutende Vertreter des amerikanischen Modern Dance hat die Theorien der beiden Pionierinnen Humphrey und Graham auf seine Weise adaptiert. So kann man einen Stil José Limón (1908 -1972), Erick Hawkins (1909) und Merce Cunningham (1919) erkennen. Unterschiede zeigen sich unter anderem in der Art, wie ein Training begonnen wird. Die Graham beginnt mit Bodenübungen, während die Humphrey in der Saalmitte begann. Erick Hawkins seinerseits beschäftigt die Tänzer zuerst am Boden sitzend. Sehr unterschiedlich ist auch der Anteil der Elemente des klassischen Tanzes. Er reicht vom vollständigen Ausschalten bis zu weitgehender Anlehnung. Sicher ist, dass der klassische Tanz von allen als Mittel zum Erzielen einer guten Balance eingesetzt wird.

Jazz Dance                                                                                                                                                     Jazz, vom arabischen „Jatba" = entzückt abgeleitet, bezeichnet auf den Tanz bezogen, jenen Stil, der eine Mischung aus afrikanischem, afroamerikanischem, Modern Dance und klassischem Tanz darstellt. Wie bei jedem nicht strengen Regeln unterworfenen Tanzstil ist der Anteil der einzelnen Elemente dabei, je nach Schule oder Interpreten, unterschiedlich groß.

Die typischen Merkmale des Jazz Dance sind Polyzentrik, Isolation und Relaxation. Die Isolation fordert, den Körper isoliert, das heißt die einzelnen Körperteile unabhängig voneinander zu bewegen. Isolierbare bzw. isolierte Körperteile sind Kopf mit Hals, Schultern, Brustkorb, Bauch, Becken, Arme und Beine. Dies steht im Gegensatz zum europäischen Tanz, der diese Aufspaltung nicht kennt und an der körperlichen Ganzheit festhält. Im Jazz Dance besitzt jeder Körperteil sein eigenes, vom übrigen Körper unabhängiges Spannungsfeld und Bewegungszentrum. Man bezeichnet dies mit Polyzentrik. In der Bewegungsfolge laufen verschiedene Metren unabhängig voneinander ab, und die isolierten Zentren verlaufen in verschiedenen Richtungen.                                                                                                                                    Unter Relaxation versteht man das Verhältnis zwischen Spannung und Lockerung in den einzelnen Bewegungszentren. Einen reinen Jazz Dance gibt es kaum. Er ist stets mehr oder weniger mit Elementen des Modern Dance und solchen des klassischen Tanzes vermischt.

Post Modern Dance                                                                                                                                         Der Post Modern Dance ist die letzte Errungenschaft des amerikanischen Tanzes und stellt in gewissem Sinn eine Erweiterung des Modern Dance dar. Nie wird die Bewegung wegen ihrer Eleganz oder Harmonie gesucht und ausgeführt. Es gibt weder Thema noch Stimmung, es wird kein Gefühl ausgedrückt, die Geste wird zum Selbstzweck. Diese wird einzig durch die geistige Haltung des Tänzers bestimmt. Er ist zugleich Nehmender und Gebender. Die Geste steht so der so genannten „Minimal Art" nahe.

Mischstile                                                                                                                                              Tatsächlich begegnet man nur noch relativ selten einem wirklich reinen Stil des Tanzens. Sicher ist, dass der klassische Tanz, der eine zeitlang etwas zurückgedrängt schien, immer wieder eine erstaunliche und von seinem, man ist versucht zu sagen, Ewigkeitswert zeugende Auferstehung feiert. Er ist nun einmal, und sei es nur als Mischungselement, aus dem heutigen und vermutlich morgigen Bühnentanz nicht wegzudenken.                                                                           „Was ein Ballett anbetrifft, so ist die Definition desselbigen diese:                                                                               „Ein Ballett ist eine von der Music begleitete und aus unterschiedlichen Personen bestehende Vorstellung desjenigen, was man sonst in denen Trauer- und Lustspielen redend, in denen Opern aber singend aufführet, also, dass vermittelst gewissen und nach der Kunst eingerichteten geometrischen Schritten und symmetrischen Figuren nicht alleine unterschiedene vernünftige und unvernünftige Handlungen, sondern auch Gemüts-Neigungen und allerhand andere Dinge so deutlich dargestellt werden, dass der Zuschauer ohne Mühe erraten kann, was man meine." (Samuel Rudolph Behr „Die Kunst wohl zu tanzen" Leipzig 1713)                                                                                                                                       Diese Begriffsbestimmung ist eine der ältesten, die wir kennen. Sie nimmt fast alles vorweg, was noch heute über Ballett gesagt werden könnte. Tatsache ist, dass Tanz und Ballett keine Synonyme sind. Es ist darum falsch, etwa zu sagen, Fußballer hätten auf dem Rasen ein „Ballett" aufgeführt. Sie zeigten tänzerische Bewegung!

Das Wort „Ballett" stammt zweifellos vom italienischen „ballo" oder „ballare". Mit „balli" wurden auch jene Tanzdarbietungen bezeichnet, die - meist von Gesang begleitet - zur Zeit der Renaissance gezeigt wurden. Erst im 18. Jahrhundert wurden die aufkommenden Handlungsballette ausschließlich von professionellen Tänzern ausgeführt. Gleichzeitig wurden in den höheren Gesellschaftskreisen zur Zeit der „Régence" und unter der Regierung Ludwigs XV. und XVI. die Tanzvergnügen auf den Hofbällen sehr populär.

Handlungsballett                                                                                                                                                Im Handlungsballett wird eine Geschichte erzählt und zwar durch die Körpersprache Tanz. In älteren Balletten kommt dabei der Pantomime, der Aussage durch Gebärden und Mimik, eine große Bedeutung zu.                                                    Sie trägt die Handlung, während dem Tanz in erster Linie die Aufgabe zukommt, Gefühle und Empfindungen auszudrücken. Der Vergleich mit der Oper drängt sich auf: In ihr trägt (sofern es sich nicht um eine durchkomponierte Oper handelt) das Rezitativ die Handlung, während die Arien Gefühl und Empfindung wiedergeben. Führt man diesen Vergleich weiter, so stellt man fest, dass der Pas de deux im Ballett dem Duett in der Oper entspricht, und dass dem Corps de ballet die gleiche Stellung zukommt wie dem Opernchor.                                                                                                                   Viele Handlungsballette enthalten ein mit der Handlung mehr oder weniger in Zusammenhang stehendes „Divertissement" (vom Französischen „se divertir", sich unterhalten). Nachdem z.B. der Prinz im „Dornröschen-Ballett" von Tschaikowsky sein Mädchen wach geküsst hat, folgt die Hochzeitsszene, in die eine Reihe von Tanzdarbietungen eingebaut sind, die mit der Handlung in keinem Zusammenhang stehen.

Stimmungsballett                                                                                                                                              Die Engländer nennen es „Mood Ballet", dessen berühmtestes Beispiel „Les Sylphides", Musik nach Chopin, Choreographie von Michael Fokine ist. In einer romantischen Landschaft mit Schlossruine tanzten die Sylphiden einen Poeten - eine Handlung fehlt gänzlich.

Ballett mit Problemstellung                                                                                                                            Im Bestreben, dem Ballett erhöhte Aktualität zu sichern, wurden immer wieder Versuche unternommen, Konfliktsituationen und Probleme im Ballett durch Tanz darzustellen. Es war unausweichlich, dabei szenische Hilfsmittel heranzuziehen, und viele Choreographen sind der Gefahr erlegen, sich dabei vom eigentlichen Tanz zu entfernen und mehr und mehr zu einer Art von „Bewegungstheater" zu gelangen, um die Problematik verständlich zu machen.

Abstraktes Ballett                                                                                                                                          Der Begriff ist weit verbreitet, doch bleibt er dennoch fragwürdig. Der Maler Joan Miró sagt: „Für mich ist eine Form nie abstrakt; sie ist stets ein Zeichen für etwas. Es ist immer ein Mann, ein Vogel oder sonst etwas im Spiel. Für mich ist Malerei nie nur Form der Form halber". („Art and Artist".) Deshalb erscheint es angemessener, von einem handlungslosen Ballett zu sprechen. Als der „Erfinder" und größte Vertreter des so genannten abstrakten Balletts gilt George Balanchine. Seine Ballette sind nach eigener Aussage „sichtbar gemachte Musik". Die meisten „abstrakten" Balanchine Ballette haben sich durch eine fast spartanische Ausstattung (einfache Trikots und Vorhänge anstelle von Dekorationen) ausgezeichnet. Sie entspricht nicht etwa einem künstlerischen Credo Balanchines, sondern dem Zwang, in den Anfängen des „New York City Ballet" alle unnötigen Kosten zu vermeiden. Mit der Zeit setzte sich allerdings die Erkenntnis durch, dass die tänzerische Bewegung im Trikot besser erkennbar wird, und dass es gefährlich sein kann, das Auge des Zuschauers durch zu aufwendige Kostüme und Dekorationen abzulenken.

Sinfonisches Ballett                                                                                                                                          Es ist in der ersten Hälfte unseres Jahrhunderts der russische Choreograph Leonide Massine gewesen, der das sinfonische Ballett populär machte. Er choreographierte Ballette nach der ersten Sinfonie von Dimitri Schostakowitsch („Etrange Farandole"), nach der vierten Sinfonie von Johannes Brahms (Choreartium 1934), der Siebenten von Beethoven (1938) und nach der „Phantastischen Sinfonie" von Hector Berlioz (1936). In letzter Zeit ist von den Choreographen besonders Gustav Mahler entdeckt worden. Die hervorragendsten Choreographien nach seinen Sinfonien oder Sinfoniesätzen stammen zweifellos von Maurice Béjart und John Neumeier.

Ballett-Collage                                                                                                                                                  Als Ballett-Collage bezeichnet man eine dem Ballett verwandte Bühnenform, bei der dem Ballett zugehörige Elemente mit ballettfremden, meist karikierenden oder komische Effekte erzielenden verbunden werden. An und für sich ist dagegen nichts einzuwenden, vorausgesetzt es ist mit Geschmack und Humor ausgeführt. Mancher Choreograph hat jedoch feststellen müssen, dass eine komische Wirkung zu erzielen weit schwerer ist, als im Rahmen des Herkömmlichen zu verweilen!

Mischformen                                                                                                                                         Mischformen zwischen Ballett und Komödie, Tragödie oder Oper sind eine Eigenart des barocken Theaters. Die Ballettkomödie, die Balletttragödie oder die Ballettoper wurden daher im Abschnitt über Ballettgeschichte eingehend gewürdigt. Das Musical allerdings ließe sich als moderne Ballettkomödie bezeichnen. Die Ballett-Oper hingegen hat auch in neuerer Zeit wertvolle Werke hervorgebracht.

Balletteinlagen in Opern                                                                                                                        Zahlreich sind, besonders in Frankreich, die Opern, in welche im Zeichen einer Verneigung vor dem breiten Publikumsgeschmack Tanzeinlagen eingefügt wurden. Bekannte Beispiele sind Charles Gounods Oper „Margarethe" (Faust), sodann „Fürst Igor" von Alexander Borodine oder „Die verkaufte Braut" von Friedrich Smetana. Noch stärker hat die Operette mit dem Tanz gearbeitet: Die Wiener oder Berliner Operette ist undenkbar ohne Tanzeinlagen. Schon manche etwas fade Aufführung ist durch schmissige Tänze gerettet worden.                                                                             Nur indirekt mit dem Theater verbunden sind zwei weitere Gattungen, das Ballett Konzertprogramm und das Kammer-Ballett. So wie etwa ein berühmter Sänger seinen Arienabend mit Glanznummern aus verschiedenen Opern gibt, können Tänzer ein Programm mit Ausschnitten (meist Pas de deux) aus verschiedenen Balletten darbieten. Ein Teil der besonders populären Pas de deux sind im Westen nur durch solche „Konzerte" bekannt geworden.

So wie es den Begriff „Kammermusik" gibt, kann man auch von „Kammerballett", aufgeführt in einem kleineren Raum mit nur wenigen Tänzern sprechen. Kammerballett ist fast immer dem Ausdruckstanz, auch dem Modern Dance oder dem Jazz Dance vorbehalten geblieben. Die großen Ausdruckstänzerinnen und Ausdruckstänzer hatten in der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg ein treues Publikum. Tänzerpaare wie Clothilde und Alexander Sacharoff oder das spanische Tanzpaar „Susana y José" haben genauso wie Harald Kreutzberg den Begriff des Kammerballetts geprägt.

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